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Mein Herz-Moment des Monats Juni 2022: Jutta und Manfred im Garten der Liebe

Hochzeiten sind wundervoll und berührend, aber so richtig ans Herz gehen mir Ehejubiläen. Mit den Menschen, die seit 25, 50 oder noch mehr Jahren verheiratet sind und dies feiern wollen, habe ich immer ganz besondere Begegnungen.

Diese Paare haben so viel miteinander erlebt und so viel zu erzählen, dass die Zeit mit ihnen nur so dahinfliegt.

Sie haben Krisen überstanden, Probleme gemeistert und immer wieder zueinander gefunden. Sie haben es geschafft, ihre Liebe über viele Jahre hinweg lebendig zu erhalten und in jedem Blick und jeder Geste liegt so viel Zärtlichkeit füreinander.

Die verschiedenen Phasen, die ein Leben so hat, erste Verliebtheit, Familiengründung, Kinder aufziehen, berufliches Leben, Kinder verlassen das Haus, Renteneintritt usw. haben sie durchlebt und auf ihre spezielle Art gemeistert.

In diesem Jahr durfte ich Jutta und Manfred kennenlernen. Sie wollten ihre Goldene Hochzeit feiern und haben überlegt, ob es nicht eine Möglichkeit gibt, das besonders feierlich zu gestalten.

Ihre Veranstalterin hat eine freie Trauung empfohlen und die beiden wussten zuerst gar nicht, was sie sich darunter vorstellen sollen.

Bei meinem Besuch habe ich ihnen die verschiedenen Möglichkeiten vorgestellt und sie haben sich ganz schnell entschieden, dass sie selber nichts sagen, sondern noch einmal getraut werden möchten.

Ich durfte bei dieser Gelegenheit auch ihren Garten besichtigen. Obwohl es ja erst März war, also noch frühes Frühjahr, sah man sofort, welchen Zauber dieser Garten im Laufe des Jahres entfalten würde. Es blühten schon die ersten Frühlingsboten und alles war so liebevoll und entzückend angelegt, dass ich mich gar nicht satt sehen konnte. Gemütliche Plätze wechselten sich mit Beeten ab und überall waren noch sorgfältig zusammengetragene Dekostücke arrangiert, so dass es in jedem Moment etwas zu entdecken gab.

Der Stolz auf dieses lauschige Stückchen Erde war den Besitzern ins Gesicht geschrieben. Es war die Freude ihres Ruhestandes, diesen Garten zu hegen und zu pflegen und natürlich, sich darin aufzuhalten.

In einem Beet stand ein kleines Schild: "Einer der schönsten Wege der Welt führt durch unseren Garten." Wie wahr, dachte ich. Mir war sofort klar, dass das Trauritual etwas mit diesem Garten zu tun haben muss.

Im Gespräch mit den beiden musste ich sehr schmunzeln. Sie behaupteten von sich, ein völlig unspektakulären Leben zu führen und nie Probleme miteinander gehabt zu haben. Eigentlich sind wir ganz langweilige Leute - so in etwa haben sie das damals formuliert. Ich glaube in dieser Sichtweise liegt das Geheimnis ihrer Liebe: Sie nehmen Probleme gar nicht als solche wahr, sondern packen eben einfach alles an, was ansteht, so wie im Garten halt auch. Ein weiteres Geheimnis ihrer Liebe schien mir zu sein, dass sie alles, wirklich auch die kleinste Kleinigkeit, gemeinsam entscheiden. Alleingänge gab es nicht und der Gesprächsfaden reißt natürlich nie ab, wenn man alle kleinen und großen Entscheidungen, die jeden Tag so anfallen, miteinander bespricht.

Die Innigkeit dieses Paares hat mich so beeindruckt. Vor allem auch, dass sie sich selber gar nicht als besonders wahrgenommen haben. Sie sind einfach unglaublich bescheidene und liebe Leute, die ein Leben lang aufeinander geachtet haben und sich nie ein böses Wort gesagt haben. Aber ganz ehrlich: Wer schafft das schon so? Für mich ging von diesem Paar eine große Strahlkraft aus, geradezu eine Aura der Liebe.

Kein Wunder, dass es mir besonderen Spaß gemacht hat, ihre Trauung zum 50jährigen Ehejubiläum zu gestalten.

Ich habe die wichtigsten Stationen ihres gemeinsamen Lebens auf das Bild des Gartens der Liebe bezogen. Das passte ganz wunderbar. Dabei habe ich ihnen Gartenutensilien überreicht, die jeweils eine symbolische Bedeutung für ihr weiteres gemeinsames Leben haben.

Diese Gartenutensilien konnte ich langfristig besorgen und mir alles in Ruhe überlegen. Nur eine Sache konnte ich erst am Morgen der Trauung besorgen!

Einmal Schlammbad und der Plan B

Zu den Gartenutensilien gehörte, zumindest in meinem Plan, auch ein Glas voll Erde mit echten lebendigen Regenwürmern.

Regenwürmer gibt es hier eigentlich massenhaft, sowohl in meinem Garten als auch bei meinem Mann auf dem Feld (mein mann ist Landwirt). Aaaber es war der Sommer 2022 und es hatte seit Monaten keinen Tropfen geregnet. Die eigentlich fruchtbare Erde hier in der Lommatzscher Pflege war zu einer Art Beton zusammengeschmurgelt. Im Garten bekam ich nicht mal den Spaten in die Erde. Aber ich wusste ja, wo mein Mann grade seine Kartoffeln beregnet! Wenn Wasser auf die Erde fällt, dann kommen die Regenwürmer nach oben, das weiß man ja! Als bin ich schnell in meine Birkis geschlüpft und aufs Feld gefahren, bewaffnet mit meinem Einmachglas und einem Spaten.

Vielleicht hätte ich doch lieber Gummistiefel anziehen sollen, denn den ersten meiner Birkis büßte ich schon ein, als ich mich über die Kartoffeldämme des Vorgewendes auf das eigentliche Feld vorkämpfte. Statt lockerer durchweichter Erde war da nämlich oben glitschiger Schlamm und dadrunter immer noch Beton. Ich ließ meine Schuhe, von denen einer einer aussah wie ein riesiger Schlamm-Erdklumpen auf dem Feld stehen, um sie später abzuholen und kämpfte mich barfuß weiter durch. Alle paar Meter versuchte ich, meinen Spaten in die Erde zu stechen, aber es war immer gleich: Oben Schlamm, unten Beton, von Regenwürmern keine Spur.

So stapfte ich über das Feld, zwischen den verschlammten Kartoffeldämmen entlang und war erfolglos.

Entmutigt drehte ich nach einer Weile um, um meine Schuhe wieder einzusammeln. Und justament in das Schlammloch, in dem ich zu Beginn schon steckengeblieben war, trat ich nun wieder, versank bis zum Knie und schlug, bei dem Versuch, mich mit dem anderen Bein auf dem glitschigen Boden abzustützen, lang in den Schlamm.

Einerseits war ich froh, dass unsere Mitarbeiter gerade auf der anderen Seite des Ackers waren und das nicht gesehen haben, denn das wäre sicherlich in den legendären Geschichtenfundus eingegangen, der auf jedem Erntefest und jeder Weihnachtsfeier wieder bemüht wird (Titel: Als die Frau vom Chef unbedingt Regenwürmer brauchte...), andererseits denke ich heute: Schade, dass keiner ein Foto gemacht hat, ich konnte mit euch zusammen herzlich drüber lachen.

Wie ging es aus? Ich bin nach Hause gefahren und habe geduscht, die Trauung wurde minimal abgeändert ( das war kein Problem) und selbstverständlich war ich pünktlich auf der Goldenen Hochzeit.

Tatsächlich war diese Trauung so emotional und wunderschön, dass ich sie natürlich auch ohne die Schlammgeschichte immer in Erinnerung behalten werde.

Es war mein absoluter Herzmoment in diesem Monat und manchmal musste ich ein bisschen schlucken, weil mich das alles so angerührt hat.




Karen Isenseein einem pinken Kleid bei einer freien Trauung
Traurednerin Karen Isensee


Gießkanne, Gartenhandschuuhe und andere Utensilien in einem Karton auf einem geschmücktem Tisch
Gartenutensilien auf Hochzeitstisch





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